"Was hält transnationale Bewegungen zusammen? Die Identität transnationaler Bewegungen basiert auf breiten Deutungsmustern, dem gemeinsamen Handeln in Protesten und Treffen sowie auf weitverzweigten, informellen Netzwerken." (Autorenreferat)
Viele Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs), die weltöffentlich und weltbürgerlich tätig sind, profilieren sich gegenüber Regierungsvertretern als die eigentlich demokratischen Akteure, indem sie globale Probleme auf die Tagesordnung setzen und ein kritisch-oppositionelles Forum für öffentliche Belange schaffen. Der demokratische Anspruch der NGOs ist jedoch nach Ansicht des Autors in drei Hinsichten problematisch: Erstens wirken sie formell oder informell an Entscheidungsprozessen mit, ohne sich einer regelgeleiteten und kontinuierlichen Kontrolle durch die davon Betroffenen zu unterziehen. Zweitens wird auch bewegungs- oder organisationsintern unter Mitgliedern und Anhängern von NGOs selten ein Meinungsbild erstellt; ihre Sprecher sind in der Regel also nicht mit einem Mandat ausgestattet. Drittens operieren NGOs häufig ohne Rückbezug auf Institutionen, die legitimerweise mit dem Anspruch auftreten können, als Volksvertretungen den Willen der Gesamtbevölkerung oder als Interessengruppen Teile davon zu repräsentieren. Um zu verhindern, dass nicht Demokratisierung, sondern fortschreitende Bürokratisierung der ungewollte Effekt der Öffnung transnationaler Gremien für zivilgesellschaftliche Akteure wäre, sind praktische Vorschläge unterbreitet worden, wie man Akteure "von unten" stärken kann. Der Autor skizziert die Kernelemente dieser wichtigen Debatte anhand der Begriffe der assoziativen, deliberativen und direkten Demokratie und diskutiert sie im Hinblick auf ihre Folgen für die demokratische Öffnung und Funktion von NGOs. (ICI2)
Die Verfasser legen eine Bestandsaufnahme der Entstehungsprozesse von Piratenparteien im internationalen Kontext vor. Sie skizzieren den Kontext transnational-sozialer Bewegungen rund um Fragen von Urheberrecht und geistigem Eigentum, in dem die Piratenpartei als ebenfalls transnationale Bewegung entstanden ist. Dann versuchen sie, anhand eines Vergleichs von Piratenparteien in ausgewählten Ländern deren jeweilige lokale Verankerung und damit auch Unterschiedlichkeit zu illustrieren, bevor das Beispiel der deutschen Piratenpartei im Spannungsfeld aus lokaler Besonderheit und globaler Bezüglichkeit behandelt wird. Abschließend skizzieren die Verfasser mögliche Bereiche für weitergehende Forschung zum transnationalen Charakter des Phänomens Piratenpartei. (ICE2)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 5717-5728
"Mit dem Herauswachsen von wirtschaftlichem Handeln aus nationalstaatlich verfassten Räumen sind transnational operierende Unternehmen in den letzten Jahrzehnten zu mächtigen globalen Akteuren geworden. Gleichzeitig hat ihre öffentliche Reputation gelitten, weil sie oft für globales Umwelt- und Sozialstandard-Dumping verantwortlich gemacht werden. Insbesondere Nichtregierungsorganisationen (NGOs) werfen Unternehmen vor, dass sie die fehlende Kapazität von Nationalstaaten zu internationaler Marktregulierung für ihr privates Interesse an Shareholder Value-Maximierung ausnutzen - ohne Rücksicht auf ökologische und soziale gesellschaftliche Kosten. Aus dieser Situation heraus hat sich in den letzten Jahren eine transnationale Bewegung unter dem Label der 'Corporate Social Responsibility' (CSR) entwickelt, die eine Institutionalisierung von freiwilligem Engagement von Unternehmen zu ökologischer und sozialer 'Nachhaltigkeit' vorantreibt. Während die Politik- und Managementwissenschaften sich intensiv mit dieser Entwicklung beschäftigen, hat die Soziologie dem CSR-Konzept bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Ziel des Vortrags ist es deshalb, 'CSR' als transnationale gesellschaftliche Institution zu betrachten und ihren Konstruktionsprozess zu analysieren. Mit Hilfe von Konzepten der sozialen Bewegungstheorie soll gezeigt werden, wie die Konstruktion von CSR durch eine transnationale CSR-Bewegungs-Gegenbewegungsdynamik getragen wird, in der sowohl Unternehmen als auch NGOs eine prominente Rolle als weltkulturelle Unternehmer zukommt. Ob Unternehmen lediglich Adressaten der Forderung nach sozialer und ökologischer Verantwortung sind oder als Aktivisten in der sozialen Bewegungsindustrie um CSR auftreten, ist demnach abhängig von ihrer symbolischen Positionierung: Bis Ende der neunziger Jahre befanden sich Unternehmen in einer überwiegend reaktiven Rolle, als NGOs nationalstaatlich orientierte Legitimationsmuster der Unternehmensverantwortung in Frage stellten. In der CSR-Bewegung der letzten Jahre hingegen verhalten sich Unternehmen dagegen zunehmend proaktiv, um ihre Legitimationskrise zu überwinden. Dazu passen sich Unternehmen symbolisch an den globalen Nachhaltigkeitsdiskurs an und werden auf diese Weise zu CSR-Aktivisten und zu Architekten der Institutionalisierung von transnationaler gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung." (Autorenreferat)
"Die Verfassserin sieht den Diskurs um CSR in einen symbolischen Wettstreit um deren Definition eingebettet, den sie mit Hilfe von sozialen Bewegungstheorien beleuchtet. So entwickeln sich aktuell neue Allianzen zwischen den eigentlich widerstreitenden Akteuren, zwischen den Unternehmen und den Nichtregierungsorganisationen. Unternehmen gelingt es, aus diesem konfliktären System auszuscheren und nicht mehr nur als Zielakteure von Forderungen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, sondern als Aktivisten für CSR in Erscheinung zu treten." (Textauszug)
Lahusen focuses on a special form of protest, ie, transnational campaigns. Transnational campaigns are formed by a series of actions & communications that are planned & coordinated. He discusses characteristics, internal & external conditions, & goals & targets of these campaigns. According to Lahusen the transnationalization of campaigns has resulted in a wider gap between professional movement entrepreneurs on the transnational level & local protest groups. 13 References. Adapted from the source document.
Der Autor geht von der Annahme aus, das sich die national geprägten politischen Öffentlichkeiten und mit ihnen ein Teil der bislang überwiegend national und subnational agierenden sozialen Bewegungen entgrenzen, d.h. transnationalen oder gar globalen Charakter annehmen. In seinen Ausführungen zur Transnationalisierung von politischen Öffentlichkeiten konzentriert er sich auf die "neuen sozialen Bewegungen", um an diesen zu prüfen, inwieweit sie Ausdruck und möglicherweise auch Katalysator einer fortlaufenden Transnationalisierung von kollektiven Identitäten und Öffentlichkeiten darstellen. Da es sich hierbei seiner Meinung nach um ein Feld handelt, das von semantischen Unschärfen gekennzeichnet ist, nimmt er zunächst einige begriffliche und konzeptuelle Klärungen vor. Am Beispiel von transnationalen Kongressen der Frauenbewegung, der Ökologiebewegung und der Friedensbewegung untersucht er anschließend den spezifischen Modus von (Bewegungs-) Öffentlichkeit in Bezug auf Organisationsbildung, Strategie und Aktion, wobei er auch auf die in letzter Zeit enorm gewachsene Bedeutung der NGOs eingeht. (ICI2)
Der Autor gibt einen kritischen Überblick über die gegenwärtige Forschungsliteratur zum Verhältnis von sozialen Bewegungen und Nichtregierungsorganisationen (NGO) im Hinblick auf die Frage, inwieweit diese tatsächlich als Akteure und Träger einer "internationalen Zivilgesellschaft" angesehen werden können. Obwohl sich viele, mit den Weltgipfelkonferenzen verbundenen Erwartungen - zumindest im ersten Anlauf - nicht erfüllt haben, verfolgt die seit der WTO-Konferenz von Seattle im November 1999 anhaltende Protestwelle die Vision einer kosmopolitischen, demokratischen und sozialen Alternative zur Globalisierung "von oben". Ziel des vorliegenden Beitrags ist eine Zwischenbilanz zur Frage, ob die NGO die ihnen zugedachten Aufgaben wirklich wahrnehmen bzw. wahrnehmen können. Der Autor beschreibt hierzu die historische Entwicklung von Solidaritätsbewegungen als Avantgarde internationaler NGO, er skizziert die Stärken und Schwächen heutiger sozialer Bewegungen und diskutiert die Bedeutung von NGOs als "epistemische Gemeinschaften" und "transnationale Netzwerke". Er problematisiert ferner die immer noch starke nationale Einbettung und Fragmentierung von NGO-Politik, die durch ihre Abhängigkeit von moralischen Diskursen und politischen Interessen insgesamt nicht die Vorstellung einer sich schnell entfaltenden "Weltzivilgesellschaft" stützt. (ICI)